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Tag der offenen Tür

Tag der offenen Tür 2019

Schüler der sechsten Klassen zeigen den Viertklässlern und ihren Eltern, womit sich die Grabbe-Schüler im Unterricht und in den Arbeitsgemeinschaften beschäftigen. Die Aula ist wie gewohnt übervoll besetzt; an beiden Seiten gibt's nur noch Stehplätze, die ebenfalls komplett genutzt werden.

Tag der offenen Tür für die wahren Pioniere der geplanten Transformation

Von Hajo Gärtner (Text/Fotos) & Film AG (Ariana/Marjana)

Wo sammeln sich die meisten Leute ? In der Cafeteria, Raum 206, natürlich nach der Eröffnungsveranstaltung. Dort muss man gefühlte drei Stunden und 17 Minuten auf den heißen Kaffee zum kühlen Kuchen warten. Nicht etwa, dass die Bedienung langsam wäre. Nein, der Andrang ist einfach gewaltig. Not bad, sondern  unvermeidliche Konsequenz der gut besuchten Informationsveranstaltung. 

Nun könnte ich an dieser Stelle erzählen, was es alles zu sehen gab, denn Lehrer und Schüler haben sich - wie gewohnt - mächtig ins Zeug gelegt, um das Grabbe reizvoll und lebendig zu präsentieren.  Die zahlreichen Informationsstände, Ausstellungen und Versuchsstationen (Naturwissenschaften) folgen im Wesentlichen dem Schulprofil. Diese Schilderung schenke ich mir mal und verweise auf den Videoclip, die Fotostrecke und die Berichte der Vorjahre.

Die geplanten Neuerungen im Schulalltag stellte stellvertretende Schulleiterin Gundel Niedermeyer vor. Die neuen Fünftklässler haben keinen obligatorischen Nachmittagsunterricht mehr, sondern folgen im Wesentlichen dem Schema »Von acht bis eins«, das ihre Eltern noch gut kennen müssten. Nur alle zwei Wochen gibt's mal pflichtmäßig einen langen Tag, der dem Klassenprojekt gewidmet ist. Zum Beispiel die »Forscherzeit« für die Schüler der naturwissenschaftlich orientierten Klasse 5gn.

Bricht am Nachmittag große Langeweile über die Neuen herein? Keineswegs, denn die Schule bietet jede Menge Zusatzstoff für Interessierte, Förderung für Begabte, Hilfe für diejenigen, die etwas mehr Lern-Zeit und intensivere Betreuung brauchen. Auf jeden Fall sollen alle Schüler ihren Neigungen nachgehen und ihre Talente ausbilden können: ob musikalisch, sportlich, künstlerisch oder naturwissenschaftlich. Denn das besondere Schulprofil bildet sich in den Zusatzangeboten deutlich ab.

»Nachmittags am Grabbe« heißt das Angebot, umfasst einen so genannten »Offenen Ganztag«, der um 15.30 Uhr endet. Keine Zwangsveranstaltung: »verlässlich und flexibel« soll es am Nachmittag auf dem Campus zugehen. Unterstützung bieten Lehrer im Lernbüro an, Lernpaten leisten im Bedarfsfall Nachhilfe. Die Schüler-Lehrer seien kompetente Oberstufler, von den Lehrer-Lehrern handverlesen eingesetzt.

Die stellvertretende Schulleiterin zeigte das Prinzip am Beispiel eines 5k-Schülers auf. Am Montag Nachmittag macht er vielleicht beim SI-Orchester mit, weil Musik ihn interessiert. Dienstag steht das Klassenprogramm an. Mittwoch - gemäß seiner besonderen Neigung und seinem Talent - ein Kunst-Projekt. Und am Donnerstag geht er in die Betreuung, damit er zu Hause nicht allein abhängt.

Apropos »Abhängen«: Das soll's am Grabbe möglichst nicht geben; und auf »Chillen« wegen Unterrichtsausfall darf auch niemand hoffen. Denn wenn Lehrkraft A wegen Fortbildung, Klassenfahrt oder Krankheit für den Regelunterricht ausfällt, tritt automatisch Plan B in Kraft. Es liegt dann ein von A erstelltes Unterrichtsmaterial vor. Im Fall überraschender Ausfälle hilft der im Selbstlernzentrum (SLZ) organisierte Griff in den Pool aus rund 1000 Arbeitsblättern, die das ganze Kollegium an pädagogischen Tagen ausgearbeitet hat. »Chillen« ist also ebenso wenig erwünscht wie ein erklärter »Ego-Trip«: Deshalb sind soziale Herausforderungen fest im Gesamtpaket verankert. Ein Lieblingsthema von Gundel Niedermeyer: Schließlich hat sie das »Sozialpraktikum« am Grabbe-Gymnasium eingeführt. Dabei besuchen Q1-Schüler zwei Wochen lang Behinderten-Einrichtungen, Alten- oder Pflegeheime, um diese Facetten des Sozialstaates hautnah kennenzulernen.

Die soziale Ausprägung des Schulklimas beginnt allerdings schon früh: Speziell geschulte Lehrer wenden das »Lions-Quest-Programm« in den Eingangsklassen 5 und 6 an; in der Mittelstufe wartet die Schule mit einem »Orientierungstag« auf; in der Oberstufe geht's dann durchs Berufs- und Sozialpraktikum. Dieses obligatorische Paket wird - das sage ich hier aus der Erfahrung vieljähriger Berichterstattung - von den Schülern allerdings nicht nur als lästige Pflichtübung, sondern mit großer Mehrheit durchaus als »mal was ganz Anderes« erlebt und bewertet.

Den Grabbianern wohl bekannt, den Viertklässlern aber vielleicht neu: Unterricht wird weitgehend in Doppelstunden organisiert. Das sei durchaus »gewinnbringend«, betonte die stellvertretende Schulleiterin. Die Schüler bleiben in ihren Startklassen sechs Jahre zusammen, wenn's bei dem einen oder anderen nicht einen unvorhersehbaren Hänger gibt. Ihre Startklasse suchen Schüler - zusammen mit ihren Eltern - mit einem Erst- und Zweitwunsch aus. Gundel Niedermeyer machte klar, dass nicht jeder Erstwunsch zum Zug kommen könne, dass sie sich im Zweitwunsch-Fall aber telefonisch bei den Betroffenen melden werde. Dennoch zeigte sie sich zuversichtlich, die meisten Erstwünsche erfüllen zu können oder eine befriedigende zweitbeste Lösung zu finden.

Harald Lesch, der fernsehbekannte Physiker und YouTube-Philosoph (Urknall, Weltall und das Leben), hat es der Schulleitung des Grabbe-Gymnasiums wohl besonders angetan. Gern wird er zitiert mit seinem Bedauern darüber, »dass zu wenig Kunst, Musik und Sport unterrichtet wird«. Er sei durchaus der Ansicht, dass nur kreative Köpfe jene Antworten auf Fragen finden, an die jetzt noch niemand denkt. Und so gönnte sich stellvertretende Schulleiterin Gundel Niedermeyer ein ausgiebiges Lesch-Zitat mit Blick auf das besondere Schulprofil des Grabbe-Gymnasiums. Der naturwissenschaftlich geprägte Philosoph wendet sich ausdrücklich gegen eine pragmatische Reduzierung des Bildungsbegriffs auf das scheinbar Nützliche und fordert eine verstärkte Beachtung der sogenannten Soft Skills der Schulbildung. Am Grabbe-Gymnasium gibt es Leistungskurse in Musik, Kunst und Sport, die man an anderen Schulen vergeblich sucht. Lesch vermutet die entscheidenden Weichenstellungen der Zukunft, wenn wir denn überhaupt noch eine haben, eher in der kreativen Sphäre: jenseits von eingefahrenen und bürokratisch verwalteten Denkgewohnheiten.

Schulleiterin Anja Vothknecht begrüßte die zahlreichen Viertklässler und ihre Eltern, umrahmt von den jungen Musikern des SI-Orchesters, die für das musikalische Intro der Eröffnungsveranstaltung sorgten.
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