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Israel-AG: Auf ein Neues!

Israel-AG: Auf ein Neues!

Nach einem aufregenden und spannenden letzten Durchlauf wird die Israel AG des Grabbe nun mit der Jahrgangsstufe der EF in die nächste Runde starten.

Am kommenden Montag, den 24.10.2022 um 13.15 Uhr im Kunstraum N101, findet eine kleine Infoveranstaltung für alle interessierten Schüler*innen der EF zur AG-Arbeit und dem Austausch statt. Als kleiner Teaser und Abschluss folgt nun der Bericht der „alten“ AG zum Schwelgen, Erinnern und gedanklich auf die Reise gehen.


Die Zukunft der Welt liegt in unseren Händen

Israelisch-deutscher Schüleraustausch zwischen der MOR Highschool in Maccabim Re’ut und dem Christian-Dietrich-Grabbe Gymnasium in Detmold vom 1. bis 8. Mai in Maccabim Re‘ut

israel fotoGanze zwei Jahre mussten die israelischen und deutschen Schüler:innen darauf warten, dass ein Besuch und Gegenbesuch in Deutschland und Israel im Rahmen der Israel-AG wieder möglich war. Die Lehrer:innen waren sich auch sofort einig, so schnell wie möglich die Planung der Reisen und das dazugehörige Programm auf die Beine zu stellen. So kamen Ende März 3 Lehrer:innen aus Modi’in Maccabim Re’ut mit ihren Schüler:innen nach Detmold. Es gab zuvor einen Erstkontakt der jeweiligen Austauschpartner über Zoom, dennoch war völlig offen, wie gut sich die jeweiligen Schüler:innen trotz ihrer kulturellen Unterschiede miteinander verstehen würden.
Die Schüler:innen aus Israel kamen nach kurzfristiger Planung am Montag, den 21. März, um 4 Uhr morgens am Grabbe-Gymnasium an, wo sie von der deutschen Delegation willkommen geheißen wurden. Neben dem gemeinsamen Besuch der Wewelsburg und dem gemeinsamen Wochenende in Berlin war in dieser Woche der Besuch von Joanne Herzberg am Grabbe-Gymnasium ein besonderes Ereignis. Joanne wurde eingeladen, um den Schüler:innen von ihrer Familiengeschichte zu berichten. Ihre Familie war von den nationalsozialistischen Judenverfolgungen und der Shoah betroffen. Alle Schüler:innen waren von Joannes Geschichte tief bewegt. Am Nachmittag sprachen die Austauschschüler:innen - inspiriert von Joannes Erzählung – in Kleingruppen über ihre Familiengeschichten im Hinblick auf die Geschehnisse während und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die israelischen Schüler:innen haben hier in dieser Zeit durch die vielen offenen Gespräche neue Freundschaften knüpfen und Hoffnung für eine gemeinsame Zukunft schöpfen können. Es tat ihnen sehr gut zu verstehen, dass es ein großes Anliegen der Schüler:innen ist, allen Formen von Antisemitismus entschieden entgegenzutreten und konnten so ein Gefühl von Sicherheit und Akzeptanz vermitteln, was den israelischen Schüler:innen die Gelegenheit gab, auch eigene Vorurteile gegenüber der deutschen Bevölkerung abzubauen.
Dementsprechend war der Abschied nach der intensiv genutzten gemeinsamen Zeit am 27. März in Berlin schmerzlich. Umso schöner war dann das Wiedersehen in Israel, als die deutsche Delegation am 1. Mai in Tel Aviv gelandet ist und dort wiederum von der israelischen Delegation überschwänglich begrüßt wurde.
Die Schüler:innen aus Detmold waren nach der Ankunft erst einmal sehr müde und erschöpft und haben sich nun an das andere Klima gewöhnen müssen. Für viele war die Reise auch deshalb sehr aufregend, weil es für einige die erste Flugreise überhaupt war.
Sofort entstand Verständnis dafür, wie man sich zu Beginn in der Fremde fühlt, in einem anderen Land mit anderen Menschen, weit weg von zu Hause und wo man die Sprache nicht versteht.
Zeit zum Ausruhen war aber nicht, es ging gleich weiter zum ersten gemeinsamen Programmpunkt: ein kleiner Spaziergang durch Jerusalem zur Klagemauer, heiligste Stätte des Judentums. Der erste kleine Kulturschock und die große Erschöpfung wich hier sofort einem großen Erstaunen. Nach so viel Vorbereitungszeit konnten die Schüler:innen es kaum fassen, dass sie nun tatsächlich in Jerusalem auf die Altstadt mit der Klagemauer und den goldenen Felsendom schauen durften und waren von den Eindrücken überwältigt.
Wenn auch einige kulturelle Eigenarten, wie z.B. die Geschlechtertrennung vor der Klagemauer für manche Schüler:innen, befremdlich wirkten, war es vor allem sehr ungewohnt, so viel jüdisches Leben sehen zu können. Orthodoxe Juden mit traditioneller Kleidung, verheiratete Frauen mit Perücken oder mit bedecktem Kopf, Männer mit Kippa oder großen schwarzen Hüten und Locken. Jüdisches Leben und Kultur, wo man hinschaut.
Kaum vorstellbar, dass es solch ein reiches jüdisches Leben auch einmal in Deutschland gegeben hat. Selbst die Spuren jüdischen Lebens sind heute nur noch schwer auszumachen, weswegen die Israel-AG im Vorfeld für Detmold einen digitalen Stadtrundgang vorbereitet hatte.
Ein besonderer Programmpunkt neben zwei Entdeckungstouren durch Jerusalem entlang der wichtigsten Stationen der christlichen Via Dolorosa und einem Besuch der Negev-Wüste, Massada und dem Toten Meer, war die eindrückliche Führung durch Yad Vashem, der Internationalen Holocaust Gedenkstätte. Im Anschluss der Führung konnten die Schüler:innen aus Detmold mit dem Holocaust-Überlebenden Tswi Herschel sprechen, der seine Perspektive auf den Umgang mit dem Holocaust auf spannende Weise vermittelte. Aber auch aktuelle Politik wurde heiß diskutiert, schließlich Verständnis für unterschiedliche Positionen geschaffen. Aus anfänglicher Abwehrhaltung ist Offenheit entstanden, zuzuhören und die Argumente des anderen verstehen zu wollen. Das nehmen beide Seiten mit. Die Woche ging schließlich am Samstag mit einem Tag in den Gastfamilien in Tel Aviv am Strand zu Ende, bei dem die Schüler:innen auch die Vorzüge einer modernen, multikulturellen Stadt am Mittelmeer kennenlernen konnten.
Da am Sonntag in Israel die Woche beginnt und die israelischen Schüler:innen wieder zur Schule gingen, wurde die deutsche Delegation morgens früh verabschiedet und fuhr mit traurigen Mienen zum Flughafen. Die deutschen Schüler:innen hätten zu Beginn der Reise nicht gedacht, dass man trotz eines Kulturschocks zu Beginn der Reise am Ende doch am liebsten bleiben möchte, weil man sich nach einer Woche bereits als fester Teil einer Gastfamilie fühlt.
Die wichtigste Erkenntnis bleibt auf Seiten der israelischen Schüler:innen sicherlich, dass sie sich im Land der ehemaligen Verfolger nicht mehr fremd fühlen, sondern Freunde und Familie gefunden haben – deutsche Schüler:innen konnten sich wiederum ein Bild über Israel machen, das sie nur aus den Medien kannten und waren erstaunt über die überwältigende Schönheit des Landes und die Herzlichkeit der Menschen. Beide Seiten konnten viele Vorurteile und Ängste abbauen und haben erkannt, dass sie sich im Grunde viel ähnlicher sind, als sie vorher gedacht hätten. Ein nächstes Treffen zwischen Jugendlichen beider Delegationen ist bereits in Planung – übrigens ohne Lehrer und Eltern. Die werden nun nicht mehr gebraucht.