![]() ![]() CHARLOTTE VON STEINoder Goethes Flucht nach Italien und der Wechsel zur Klassik Von Jürgen Engel
Goethes Verhältnis zu Frauen war immer bedeutend für seine Karriere. Und Goethe hatte immer sehr interessante Beziehungen zu unterschiedlichsten Frauen, deshalb ist es nicht angebracht, zu behaupten, Charlotte von Stein sei die bedeutendste Person in seinem Leben gewesen. Aber eine wichtige Rolle spielte sie trotzdem. |
Auf den „Stürmer und Dränger” Goethe war die 33-jährige dreifache Mutter durch eingehende Lektüre des Erfolgsromans „Die Leiden des jungen Werther” aufmerksam geworden. Den Autor dieses Buches wollte sie schon lange kennen lernen, und als sie ihn dann in Weimar 1775 das erste Mal traf, konnte sie ihre Begeisterung kaum zurückhalten. Liebe unmöglich Beide, sowohl die sieben Jahre ältere Charlotte von Stein als auch der junge Goethe, fühlten seit ihrer ersten Begegnung mehr als nur Freundschaft, aber die Bedingungen ließen eine mehr als platonische Freundschaft nicht zu. Charlotte war mit dem herzöglichen Stallmeister Ernst Josias Friedrich von Stein verheiratet und an Liebe war damit nicht zu denken. Charlotte war zwar unglücklich verheiratet, aber wie auch in dem Roman „Werther” war in der gesellschaftlichen Situation an Trennung nicht zu denken. So ließ der Gatte auch jede Freundschaft zu, da er nicht um seine Ehe fürchten musste. Goethe als Klassiker Charlotte war für Goethe aufgrund ihres Alters und ihrer langjährigen Erfahrung zwar eine Freundin, doch die mütterliche Behandlung des jungen Goethe ging nicht spurlos an diesem vorbei. Charlotte sorgte sich häufig um den wilden „Stürmer und Dränger“, der aber unter ihrem Einfluss immer mehr die Rolle des Klassikers übernahm. Damit hatte Charlotte entscheidenden Anteil daran, dass Goethe mit der Zeit seinen wilden und unberechenbaren Charakter ablegte und ruhiger wurde. Der Klassiker Goethe war geboren. Freundschaft für immer? Für Goethe war die Beziehung zu Charlotte von Stein immer schon sehr wichtig gewesen. Da sie nicht immer zusammen waren, schrieben die beiden sich über 3000 Briefe. Goethe benutzte in dem Briefwechsel ständig das Wort Liebe in eindeutig zweideutiger Weise und immer in engem Zusammenhang zu der Beziehung der beiden. Aber niemals vergaß er unter den Brief einen Gruß an den Ehemann zu schreiben. Aber auf die Dauer wurde dem in Goethe immer noch drängenden Geist diese Beziehung zum Verhängnis. Der Wunsch nach einer körperlich sexuellen Beziehung konnte durch Charlotte nicht erfüllt werden. Um diesen Umständen letztendlich zu entfliehen, machte sich Goethe nach Italien auf. Er brauchte neue Freiheiten, Impressionen und Gefühle. Aber Charlotte verstand diese Reise als Affront und unterbrach den Kontakt. Als Goethe nach Deutschland zurückkehrte, fand er bald neuen Kontakt, die neue Freundin Christiane Vulpius konnte ihm endlich seine männlichen Wünsche erfüllen. Goethe versuchte aber immer noch verzweifelt Charlotte zurückzugewinnen, aber diese wollte ihn nicht mit anderen Frauen teilen. Verletzt zog Charlotte sich zurück. Der Versuch Goethes, sexuelle und intellektuelle Beziehung unter einen Hut zu bringen, war gescheitert, und erst nach dem Tod von Christiane Vulpius fanden die beiden wieder zusammen und führten den Briefwechsel fort.
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