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Tag der offenen Tür

 Kurs auf G9

 

 Rappelvoll: Weil alle Sitzplätze im Forum belegt waren, verfolgten viele Besucher die Eröffnung auch von den Seiten aus. Obwohl auch dort Sitzgelegenheiten geschaffen wurden, mussten viele Besucher stehen, was man 30 Minuten lang wohl mal aushält. Auf das Foto klicken, um es zu vergrößern. Lachend

Mehr ist manchmal mehr

Über die Rolle rückwärts in der Bildungspolitk

Von Hajo Gärtner

Das Grabbe-Gymnasium will zur längeren Schulzeit zurückkehren. G9 ist besser als G8. Schulleiter Werner Klapproth sprach sich in seinem Vortrag über die Vorzüge des Grabbe-Gymnasiums für je länger, desto lieber aus. Allein schon deshalb, weil die Schüler dann mehr Zeit bekommen, am Nachmittag ihren Interessen und Neigungen nachzugehen. Dafür hält die Schule - jetzt schon - ein umfangreiches Angebot von AGs (Arbeitsgemeinschaften) bereit.

Die Basis müsse stimmen. Klapproth widersprach - wie schon beim Tatü 2017 (Tag der offenen r) - dem Image, das Grabbe sei eine Schule, die das Ziel verfolge, herausragende Persönlichkeiten zu erzeugen, und deshalb auf Exzellenz-Förderung setze. »Aus einer guten Breitenförderung erwachsen fast automatisch Erfolge in der Spitze«, führte er aus und rückte damit das Verhältnis von Breiten- und Spitzenförderung gerade.
Tatsächlich werden herausragende Talente von Einrichtungen wie der Musikhochschule, ausgewählten Sportvereinen oder auch dem Landesleistungszentrum Kunstturnen gefördert, mit denen die Schule kooperiert. Deshalb bietet sie nach wie vor besonders talentierten Schülern die Chance, das Nebeneinander von Schule und zeitaufwändigem Hobby vernünftig zu organisieren. »Wir als Schule haben über die Jahre beispielhafte Modelle entwickelt und finden auf dieser Grundlage für den Einzelfall tragfähige Lösungen, damit ein junger Mensch nicht überfordert wird.«
Um solche Einzelfälle ging es aber gar nicht beim Tag der offenen Tür, sondern eher ums Alltägliche. Die Schule präsentierte neben dem obligatorischen Schnupper- und Mitmach-Unterricht ihr ausgesprochen breites Angebot im  extra-curricularen Bereich. Die gibt es recht vielfältig, so dass jeder Schüler seinen individuellen Interessen und Neigungen nachgehen kann. Aber auch schon bei der Klassenbildung spielen divergierende Interessenlagen eine tragende Rolle. So richtet das Gymnasium jedes Jahr aufs Neue eine Kunst-, Musik- und Sportklasse ein, dazu kommt eine gemischte Klasse mit dem Schwerpunkt Naturwissenschaft. In der Sprache der Schule sind das die k-, m-, s- und gn-Klassen. »Die Profilklassen bleiben für sechs Jahre zusammen, sie werden von einem Klassenlehrer-Tandem geleitet«, führte Klapproth aus. Aber nicht nur der fachliche Aspekt steht im Zentrum der Überlegungen. Genau so viel Wert legt die Schule auf das soziale Lernen, das zum Beispiel im regelmäßigen Sozialpraktikum in der Oberstufe zum Ausdruck kommt. Zur Illustration dieser Tatsache las Klapproth den Anfangssatz des Leitbildes der Schule vor: »Wir verstehen unsere Schule als einen Ort, an dem die Begabungsförderung und das Miteinander für das Lernen eine zentrale Rolle spielen.«
Um die schulspezifische Profilbildung zu rechtfertigen, zitierte der Schulleiter den prominenten Physiker und Philosophen Harald Lesch, der Musik, Kunst und Sport zum stärksten Motor der Kreativitätsentwicklung junger Menschen erklärt hat.
Ein leidiges Schulthema ist allerorten der Unterrichtsausfall, der nun einmal nicht komplett ausgeschlossen werden kann. Denn auch Lehrer erkranken bisweilen. Darauf reagiere das Grabbe-Gymnasium mit einem speziellen Vertretungskonzept. Dieses gründe auf etwa 1000 vom Kollegium ausgearbeitete Vertretungsstunden in allen Fächern. Damit sei gewährleistet, dass auch in diesen Stunden die Lernzeit effektiv genutzt wird, so Klapproth.
Frisch aus der Küche der Schulentwickler: Grabbes Nachmittag. Mit diesem Service werden junge Schüler in Übermittagsräumen und auf dem Schulhof betreut: bei der Erledigung ihrer Hausaufgaben, im Lernbüro, von Lernpaten und in Arbeitsgemeinschaften. Klapproth verwies seine Zuhörer auf einen entsprechenden Flyer.
Stellvertretender Schulleiter Gerd Hüls zeigte eine Folie, auf der die jüngsten Grabbianer aus der Klasse 5gn wesentliche Eigenschaften aus dem Schulnamen decodiert haben:
Große Schule
 Rasantes Lernen
 Artige Schüler :-)
Beste Lehrer
Beste Pausen
Einzigartige Schule.

Eine tolle Liebeserklärung. Anschließend luden Schüler die Viertklässler zu jenen Vorführungen
ein, mit denen die Schule um Anmeldungen werben will. Und da gab es eine Menge zu sehen (siehe Bildergalerie und Videoclip [wird noch erstellt]) und vor allem: zu tun. Denn ob in Biologie, Chemie, Physik, Kunst, Musik, Sport: Sich als Naturforscher, Künstler, Musiker oder Sportler zu erproben macht allemal mehr Spaß, als bloß zuzugucken.

Und was hat das alles mit der Rolle rückwärts in der Bildungspolitik zu tun? Wir bekommen wieder die Verhältnisse, mit denen die jetzigen Eltern der Viertklässler aufgewachsen sind: satte 9 Jahre Gymnasium. Der Versuch, die Sekundarstufe I auf 8 Jahre zu verkürzen, hat sich als Flopp erwiesen, als unproduktive Verdichtung von Lernstoff. Eine ganze Generation von Schülern hat ihn damit bezahlt, Lernen als Kür (aus Neigung) einzuschränken zugunsten des Büffelns als Pflicht.